EINE SEEFAHRT, DIE IST LUSTIG | WIE MAN ES SCHAFFT, MIT 4 KINDERN DIE WELT ZU UMSEGELN | TEIL 1

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Vierfach-Mama Aline (42) ist mit ihrem Partner und ihren vier Kindern im Alter von 3 bis 11 seit zweieinhalb Jahren auf Segel-Weltreise unterwegs. Im ersten Teil des Interviews erzählt sie, wie es dazu kam, warum es teilweise schwieriger ist mit vier Kindern zu fliegen, anstatt zu segeln, wie sie die Herausforderung Schulpflicht für ihre beiden ältesten Söhne gemeistert und ihr ganz eigenes Lehr- und Lernkonzept unterwegs auf dem Boot entwickelt hat.

Liebe Aline, wie und wann seid Ihr auf die Idee gekommen, eine Segel-Weltreise mit Euren vier Kindern zu machen?

Die Idee gibt’s eigentlich schon relativ lange, allerdings war das immer eher so eine Traum-Idee. Das wäre ja toll, wenn man das irgendwann verwirklichen könnte. Sowohl Stephan, mein Lebensgefährte, als auch ich sind beide immer sehr gerne schon gereist, allerdings immer unabhängig voneinander. Ich war mal für ein paar Monate allein und Rucksack unterwegs und als wir uns kennengelernt haben, hat Stephan gerade seine Weltreise beendet. Das Reisefieber war fürs Erste gestillt. Aber trotzdem ist diese Idee geblieben, wir könnten ja zusammen auch mal losziehen. Und dann kam unser erster Sohn Lennis zur Welt und danach standen erstmal die ganz normalen Dinge an, wir haben zum Beispiel ein Häuschen gekauft und renoviert. Und dann kam unser zweiter Sohn Malte. Damit rückte dieser Traum in immer weitere Ferne. Weil wir auch gedacht haben, mit Kindern, das geht ja gar nicht mehr so einfach.

Stephan hat schon seit er Anfang zwanzig ist, dieses Segelbötchen gehabt, die Herz aus Gold. Er brauchte damals ein Projekt, hatte zwar überhaupt keine Ahnung vom Segeln, aber eben auch diesen Traum mit dem Boot irgendwann, um die Welt zu segeln. Er hat das Boot dann über zehn Jahre lang restauriert und fertiggemacht. Er ist damit dann schon gesegelt, das war noch alles vor meiner Zeit. Und dann lernten wir uns kennen. Als Freiberufler und Eltern zweier Jungs haben wir uns gedacht, wenn wir das irgendwann realisieren wollen, geht das eigentlich nur in der Elternzeit, um das Ganze finanzieren zu können. Dann bin ich zum dritten Mal schwanger geworden. Als sich herausgestellt hat, dass es Zwillinge werden und damit auch klar war, das wird die letzte Schwangerschaft bleiben, war das dann der große Startschuss. Das schwerste war der erste Schritt, wirklich von diesem Traum hin zur konkreten Idee: Wir machen das, wir versuchen das wirklich und setzen alle Hebel in Bewegung.

Wir haben gedacht, wir machen das ein Jahr, das war die ursprüngliche Idee, noch dieses letzte Jahr der Elternzeit. Ich hatte damals zwei Jahre Elternzeit, habe mir also das Elterngeld auf zwei Jahre auszahlen lassen. Unser Häuschen haben wir damals noch nicht vermietet, weil speziell ich unsicher war, ob das mit den Kindern und dem Segeln und mir überhaupt funktioniert, weil ich tatsächlich keine nennenswerte Segel-Vorerfahrung hatte.

 

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Hast Du nicht einen Segelschein gemacht?

Nein. Ich habe sehr viele Segel-Blogs gelesen, aber das zählt ja nicht wirklich (lacht). Ne, ich hatte tatsächlich keine wirkliche Segler-Erfahrung. Ich habe mit Stephan und unseren beiden ältesten einmal einen zweiwöchigen kleinen Segel-Trip gemacht und das war eigentlich meine einzige Segel-Erfahrung. Die Kinder haben sich viel schneller ans Bord-Leben gewöhnt als ich gefühlt. Gerade mit den beiden Kleinen, die damals zehn Monate waren, als wir los sind.

Wie alt waren die anderen beiden dann?

Malte war knapp fünf und Lennis war neun. Und ja, es gab natürlich im Vorfeld einiges zu regeln, unter anderem mit den Schulen beziehungsweise der Grundschule, damals war ja nur Lennis schulpflichtig. Aber das hat alles ganz prima geklappt.

Ja, wenn Du willst, kannst Du mir das mit der Schule nachher etwas ausführlicher erzählen. Gerade am Anfang, kann ich mir vorstellen, dass das wahnsinnig viel Vorbereitung gewesen ist. Was habt Ihr eingepackt? Was ist mit dem Thema Visum oder Impfung? Habt Ihr Euch die Route vorher schon genau überlegt? Das sind ja wahnsinnig viele Dinge, die man vorbereiten muss.

Das stimmt. Wir sind erst mal nach Frankreich gefahren, wo das Boot mittlerweile lag, haben da dann noch einen Monat auf der Werft gelebt, das Boot fit gemacht und sind dann los. Am Boot gab es auch noch einiges zu erledigen, damit es dann auch wirklich im familientauglichen Segel-Zustand ist.
Und klar, natürlich auch diese ganzen bürokratischen Dinge, von Kleinigkeiten wie Reisepässe für die Kinder, was völlig normal ist. Visa haben wir erstmal überhaupt keine gebraucht, weil wir zunächst im europäischen Raum geblieben sind.

Unsere Route, die Planung im Kopf, ging auch immer nur bis zu den Kanaren. Wir hatten vor von Frankreich aus erst mal auf die Balearen zu kreuzen, dort ein bisschen zu bleiben, weil mein bester Freund auch seit 15 Jahren dort lebt und wir die Gelegenheit nutzen wollten ihn zu besuchen. Von da aus sind wir dann wieder an das spanische Festland rüber nach Valencia und haben uns dann in ganz kleinen Schritten die Küste runter gearbeitet, Richtung Gibraltar, bis Tarifa und sind von da aus dann nach Marokko. Das Abenteuer begann dann so ein bisschen in Marokko, ab da wurde es dann für uns schon exotischer. Ein wunderschönes Land, wie unfassbar familien- und kinderfreundlich. Von da aus sind wir dann rüber auf die Kanaren. Und da endete unsere Planung.

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Wie lange wart Ihr unterwegs ab Frankreich, bis Ihr in den Kanaren angekommen seid und wie ging’s dann weiter?

Es waren gut sieben Monate. Wir dachten, wenn wir überhaupt bis zu den Kanaren kommen, dann könnte man natürlich auch drüber nachdenken über den Atlantik zu gehen, wobei damals schon klar war, dass die Kinder und ich diesen Schlag über den Atlantik nicht mitmachen werden, sondern dass Stephan dann mit Freunden dort rüber segeln würde. Weil mir das bei aller Abenteuer-Liebe dann einfach doch zu unsicher mit den Kindern war, weil es eben so eine unbestimmte Zeitdauer ist. Man weiß nie genau, abhängig von dem Passat-Wind und dem Durchkommen, wie viel Tage es dauern wird. Was ist, wenn eines der Kinder krank wird?

Das muss ja gar nichts Weltbewegendes sein, aber trotzdem war mir das einfach zu viel Risiko. Wir hatten auch so ein bisschen Geld gespart für die Flüge und dann ging es eigentlich gefühlt sehr schnell. Das Elterngeld würde in wenigen Monaten enden und damit war dann klar, also entweder endet auch unsere Reise mit dem Elterngeld oder wir vermieten das Haus, um somit die Finanzierung weiter zu gewährleisten. Ich bin mit den Kindern zunächst erst einmal nach Hause geflogen, um das Haus zu vermieten. Stephan hat dann auch eine sehr nette Crew gefunden, zu viert sind sie dann rüber gesegelt.

 

Hat Stephan denn noch gewartet auf den Kanaren oder ist er dann schon los?

Er hat mich noch zum Flughafen gebracht und ist dann am nächsten Tag los gesegelt. Und ab da lief dann alles nur noch über Textnachrichten. Das war so ein Messenger-Dienst, das kommt dann über E-Mail, weil es über Satelliten geht, Du kannst nur ganz kurze SMS-Nachrichten schicken. Die ursprüngliche Idee war und dafür haben wir es auch hauptsächlich benutzt, dass ich immer den Wetterbericht den Jungs zukommen lasse, damit sie nicht in den Sturm rein segeln. Und nebenbei aber dann immer noch kurze Info: Habe Mieter, ja, nein.

Und dann war es tatsächlich so, das größte Hindernis war eigentlich fast von den Kanaren wieder zurückzukommen mit vier Kindern allein. Es gab keine Fluglinie, die bereit war mich mit vier Kindern zu befördern. Laut Flugsicherheitsvorschriften darfst du mit zwei unter Zweijährigen Kindern nicht allein fliegen. Mit vier Kindern eigentlich generell nicht. Also eigentlich ist immer das Maximum zwei Kinder pro Erwachsenem. Du kannst es noch nicht einmal in die Suchmaske eingeben, wenn du einen Flug suchst, dass du mit vier Kindern und einem Erwachsenen allein reisen willst. Ich habe mich dann da durch telefoniert und nach sehr langem Suchen hat sich die Condor am Ende tatsächlich bereiterklärt uns mitzunehmen, unter gewissen Auflagen, ich musste Autositze mit mir führen, wo dann ein Kleinkind drin saß neben mir, eins auf dem Schoß und die beiden anderen daneben. Das ging dann irgendwie.

Ja und dann gab es auch die lustige Begebenheit. Wir saßen dann endlich alle im Flugzeug und rollten Richtung Startbahn und dann kam die Chefstewardess zu mir und meinte das ginge jetzt aber so nicht. Was meinen Sie jetzt? Sie dürfen hier nicht allein mit den Kindern hinein. Wir rollen aber schon, aussteigen ist jetzt auch keine Option mehr. Aber das dürfte ich nicht. Es ging nur um Start und Landung. Wieso können Sie sich nicht vielleicht ganz kurz daneben setzen? Nein, sie hätte ja noch andere Dinge zu tun. Das ginge nicht. Ich so, na toll, ich kann mir aber gerade niemanden herbeihexen. Glücklicherweise war dann so eine rüstige nette Rentnerin in der Reihe vor uns, die bekam das mit. Ich habe elf Enkel. Ich setze mich jetzt zu Ihnen, das kann doch nicht wahr sein. Irgendwie so sind wir dann nach Hause gekommen.

Für mich war klar: Okay ich muss das Haus allein ausräumen. Ich war eben auch allein mit den vier Kindern. Ich habe leider weder Mama oder Papa, auf die ich hätte zurückgreifen können als Babysitter in der Zeit. Meine Eltern sind leider früh gestorben und ich hatte schon so ein bisschen Angst vor der Aufgabe, ob ich das überhaupt schaffe. Das war Hopp oder Topp. Wenn ich das nicht mache, dann sind wir in ein paar Monaten wieder zurück und die Reise ist vorbei. Und da gab es dann einfach irgendwann so einen Moment, wo ich
gedacht hab, nee, ich will nicht, dass das vorbei ist, das fängt ja gerade erst richtig an und es macht mir so’n Spaß. Es erfüllt mich so sehr, ich möchte, dass das weitergeht. Dann habe ich gedacht, ich inseriere jetzt einmal. Entweder soll es so sein und dann wird sich jemand melden. Tatsächlich hat sich unsere derzeitige Mieterin gemeldet und es war wirklich Liebe auf den ersten Blick. Ja und dann haben wir das irgendwie hinbekommen innerhalb von vier Wochen das Haus leer zu räumen und unsere Mieter sind dann eingezogen. Wir waren total happy und sind es noch. Ja und dann sind wir auch wieder mit der Condor, dann in die Karibik geflogen, nach Martinique und haben dort dann auf Stephan gewartet.

Das heißt, Du warst trotz Deiner vier-wöchigen Stippvisite Zuhause zuerst in der Karibik?

Ja. Stephan hat viel länger gebraucht als ursprünglich gedacht. Wir sind von 21 Tagen ausgegangen, das sagt man so im Schnitt bei unserer Bootslänge. Wir haben ein relativ kleines Boot, die Herz aus Gold, das waren zehn Meter, und berechnet wird ja die Geschwindigkeit nach Rumpflänge, Wind und allem. Ja, und tatsächlich gebraucht haben sie 32 Tage.

Und diese Entscheidung, dass Du gesagt hast, okay mir gefällt das so gut, ich will das weitermachen, das war so ein schleichender Prozess? Also, Du warst Dir ja am Anfang gar nicht so sicher, dass das so sein wird…

Nee, ich war mir nicht so sicher, weil ich bin wie gesagt vorher schon immer sehr gerne gereist, aber es war ein ganz anderes Reisen, zum einen ohne Kinder und auch mit dem Rucksack. Und ich wusste nicht wie vertrage ich das Segeln. Das ist nach wie vor so, dass ich hin und wieder seekrank werde. Es gibt immer noch Kurse, alles was sobald der Wind von vorne kommt irgendwie, das ist nicht mein Kurs, da komme ich immer noch nicht so gut mit zurecht. Mittlerweile geht`s. Man gewöhnt sich tatsächlich ein Stück weit dran. Den ersten Tag geht es mir dann meistens irgendwie schlecht, aber dann fange ich mich. Ich hatte vor allen Dingen Sorge, wie es mit den Kindern läuft. Mit der Schule, das war ja auch ein großes Fragezeichen.

Und wie lief das mit der Schule?

Wir hatten einfach unfassbares Glück, dass die Direktorin unserer Grundschule unsere Pläne von Anfang an nicht nur gutgeheißen, sondern wirklich wahnsinnig unterstützt hat. Unfassbar, nach wie vor. Der offizielle Antrag auf Freistellung für zwei Jahre wurde natürlich abgelehnt, die Direktoren einer Schule haben aber immer die Möglichkeit Kinder bis zu einem Jahr in eigenem Ermessen zu beurlauben. Und davon hat sie Gebrauch gemacht. Auch gegen den Rat der Schulaufsichtsbehörde. Für das zweite Jahr musste ich Lennis dann natürlich abmelden, den deutschen Wohnsitz. Mir war aber auch nicht klar, wie die Direktorin das finden wird, wenn ich ihr jetzt unterbreitete, dass wir eben nicht nur das anfänglich besprochene Jahr, sondern darüber hinaus noch ein weiteres oder eigentlich auch unbestimmt unterwegs sind. Ich habe schon zu jeder Zeit mit offenen Karten gespielt. Ich kann Ihnen gar nicht genau sagen, wann wir wiederkommen werden. Die Direktorin fand es aber immer noch alles toll. Wir haben die Schulbücher mitbekommen und haben auch von Anfang an klargemacht, dass wir zu jeder Kooperation bereit sind und uns alle drei Monate melden. Bzw. gab es so eine Korrespondenz vonseiten der Schule: wir wurden informiert, was die Klasse gerade gemacht hat, welche Themen behandelt wurden.

Macht Ihr das bis heute so?

Das läuft jetzt auch mit der weiterführenden Schule tatsächlich genauso, Lennis ist ja jetzt mittlerweile auf dem Gymnasium. Ich habe immer gedacht, dass uns das irgendwann einen Strich durch die Rechnung machen wird. Ganz ehrlich, gerade eben wegen der Schulpflicht und auch wegen dem Übergang auf die weiterführende Schule, weil Lennis kein Übergangszeugnis hatte.

Und jetzt sind wir ja gerade für ein paar Monate hier (in Deutschland, Anmerk. der Red.), um zu arbeiten und innerhalb dieser Zeit ist unser zweitältester Sohn eingeschult worden. Sehr zu seiner Freude, er fand das ganz toll. Und Lennis ist dann eben aufs Gymnasium gekommen und hat da tatsächlich auch überhaupt keine Probleme. Seitens der Schule war man völlig begeistert und denen hat es gereicht, dass die Direktorin unserer Grundschule ihm ein Empfehlungsschreiben gegeben hat.

Die hätten euch ja wirklich Steine in den Weg legen können…

Ja total. Es wäre auch gar nicht so schwer gewesen. Ich wollte nie, dass meine Kinder irgendeinen Nachteil daraus haben, dass wir diese Reise machen. Es läuft auch weiter so, dass wir uns wieder im Quartals-Turnus schreiben werden, wo die Klasse steht, sie schicken uns noch die Klassenarbeiten zu. Damit Lennis die mitmachen kann, genau wie Malte von der Grundschule. Damit sie einfach wirklich mit der Klasse weitergehen
können. Das wollen sie schon gerne, dass sie, wenn wir dann irgendwann zurück sind, dann auch mit ihrer Klasse und ihren besten Freunden in der Klasse weitergehen können.

Ich habe mich auch gefragt, wie hast Du die Kids am Anfang überzeugt. Musstest Du sie überzeugen? Waren sie von Anfang an begeistert oder gab es auch Bedenken?

Die waren glücklicherweise sehr begeistert von dieser Idee. Einfach weil wir davor Freiberufler waren. Es war eigentlich so, dass wir uns immer die Klinke und die Kinder quasi in die Hand gegeben haben und einer von uns immer gearbeitet hat und der andere mit den Kindern war. Und die Kinder haben total dieser Zeit entgegengefiebert, wenn Mama und Papa beide Zeit haben. Das war eigentlich auch die Hauptmotivation neben natürlich unserem Wunsch die Welt zu sehen und unseren Kindern auch die Welt zu zeigen. Einfach zu zeigen, es gibt so viel mehr, als das was wir hier erleben. Aber eben auch die Zeit für uns als Familie zu haben.

Lennis war in einer Ganztagsschule, Malte dann auch ganztags im Kindergarten. Stephan und mir hat das nicht mehr so behagt, dass wir so wenig Zeit mit unseren Kindern verbringen können. Bedingt durch die berufliche Auslastung, einfach dieser berufliche Zwang, den man natürlich hat. Wir haben uns sehr gewünscht, dass wir einfach mehr Zeit verbringen können.

Da haben sich die Kinder riesig darauf gefreut und nach diesem ersten kleinen Segel-Urlaub, den wir ja mal so versuchsweise gestartet haben, waren sie völlig angefixt und fanden dieses Leben auch total toll und speziell. Die Begeisterung war tatsächlich auch so groß, dass ihnen der Abschied von ihren Freunden trotz enger Bindung nicht so schwerfiel. Glücklicherweise hat sich das auch über die Zeit erhalten, dank moderner Kommunikationsmedien.

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Das heißt, die Kinder haben mit ihren Freunden geskypt?

Via WhatsApp-Telefonie ging das irgendwie. Es gab Telefon-Verabredungen und teilweise haben sie vor dem Telefon ganz normal gespielt mit den anderen.

…wie süß…

Lennis bester Freund hat uns sogar mal besucht für eine Woche mit seinem Papa. Ja und wir waren dann ja auch als Stephan über den Atlantik gesegelt ist, für vier Wochen Zuhause. In der Zeit haben sie natürlich auch ihre Freunde maximal oft gesehen und sind damals ganz normal zur Schule gegangen. So haben sie irgendwie ein bisschen diese Wurzeln behalten. Das ist nach wie vor total wichtig.

Wie ist der Unterschied bei den Kleinen? Sie sind ja eigentlich so klein gewesen, dass sie sich gar nicht bewusst an ihr Zuhause erinnern können…

Das ist tatsächlich so, für die Zwillinge ist das Boot tatsächlich das Zuhause ist. Das sind so richtige Bord-Babys. Man merkt auch, dass sie einen ganz anderen Umgang von Anfang an mit dem Boot hatten. Auch das Gewackele. Die haben viel schneller laufen gelernt interessanterweise, weil ich die Koordination oder die koordinativen Fähigkeiten da ganz anders gefragt waren, wenn man auf einem wackeligen Untergrund laufen lernt. Und die haben da ein Selbstverständnis auch mit ihren jungen Jahren, die wissen ganz genau sobald sie rausgehen aus dem Boots-Inneren, raus ins Cockpit, müssen so eine Weste tragen. Das fordern die auch ein und bewegen sich da mit einer echt erstaunlichen Sicherheit, klettern fast bis hoch in den Mast, mir wird dann teilweise ganz schlecht, aber die sind halt einfach nicht anders gewöhnt. Als wir jetzt unser Zuhause besucht haben, also während unseres jetzigen Aufenthaltes, standen sie dort rum und für sie war das ein völlig fremdes Haus.

Und wie läuft denn so der Alltag bei Euch auf dem Boot ab? So ganz normal, wie man es sich sonst auch vorstellt mit einer Familie, mit Frühstück, Schule und dann Mittagessen?

Ja das ist schon tatsächlich vergleichbar, weil man letzten Endes mit vier Kindern unterwegs ist. Du nimmst ja diesen Tagesablauf ein Stück weit mit, unabhängig davon, wo du bist. Natürlich gibt es ein paar Besonderheiten, jetzt gerade seit wir in der Karibik sind backe ich das Brot selbst, weil wir da leider nicht das Brot kaufen können, was man hier so gewohnt ist.

Du legst also Wert auf Brot?

Ja, da lege ich Wert drauf, ich liebe gutes Brot. Deswegen habe ich angefangen selbst zu backen. Wir haben das Boot ja gewechselt. Und dieses neue Boot hat jetzt auch einen kleinen Ofen in der Kombüse. Davor musste ich das Brot im Topf backen das war ein bisschen aufwendiger. Irgendwie ist es jetzt doch deutlich einfacher.

Und dann beginnt der Tag mit einem Frühstück mit frisch gebackenem Brot oder Müsli wahlweise. Und danach ist meistens tatsächlich die Schulzeit, wobei wir das sehr freihalten. Wir verfolgen da eher ein Freilernkonzept. Das heißt, wir regen an, wir geben Materialien. Wir fordern natürlich auch ein Stück weit, dass sie was machen, aber ohne Schule zu kopieren. Das haben wir am Anfang versucht und es hat überhaupt nicht funktioniert. Diese Doppelrolle Lehrerin und Mama, das hat nicht funktioniert. Was sehr gut funktioniert ist, wenn man die Kinder über einen praktischen Bezug versucht dahin zu bringen. Zum Beispiel hat Stephan mit Lennis was gebaut und dann mussten sie eine Fläche berechnen und dafür haben sie dann eben schriftliche Multiplikation gebraucht. Und darüber sind sie dann an dieses Thema schriftliche Multiplikation ran und dann war das für Lennis auch sinnhaft, warum man das lernen sollte.

…direkt eine praktische Anwendung…

Ja genau. Malte wollte dann seinem besten Freund Olli gerne einen Brief schreiben und dann hatte er auch den Ehrgeiz wirklich schreiben zu lernen. Lennis liest sehr gerne und sehr viel, dann macht er mir eine Inhaltsangabe seines letzten Fünf-Freunde Buches. Wir haben ganz viel Literatur mit, tatsächlich auch in Buchform und ich glaube, die Hälfte unseres Boots-Inventars sind Bücher und Spielsachen. Unter anderem auch Flora- und Fauna-Führer. Da muss er mir halt ein kleines Referat über einen Fisch machen, den er gesehen hat und so kann man den Kindern ja auch ganz viel vermitteln. Aber man kann da sehr viel auch sehr frei gestalten. Das hat bei uns tatsächlich besser funktioniert. Und das ist klassischerweise so die Zeit des Vormittags.

Bis vor kurzem haben die Zwillinge dann auch noch ihren Mittagsschlaf gehalten, das geht jetzt gerade so langsam mit ihren knapp dreieinhalb Jahren zu Ende, dass sie einfach keine Lust mehr haben Mittagsschlaf zu halten. Dann gehen wir in der Regel von Bord. Nach der Mittagszeit, weil es auch davor so heiß ist an den Orten, an denen wir uns aufhalten. In der Mittagszeit willst du gar nicht draußen sein und die Kinder gehen meistens vorher schon schwimmen oder eine Runde schnorcheln vom Boot aus. Und danach bewegen wir uns dann alle von Bord und erkunden die Gegend, sind manchmal am Strand oder je nachdem, was die Umgebung anbietet.

Im zweiten Teil des Interviews geht es weiter mit dem Reisebericht über den atemberaubenden Segel-Trip, die schönsten Momente und das ziemlich spezielle Besorgen von Weihnachtsgeschenken in der Karibik.

Weitere Reisebereichte von Aline gibt es auf ihrem YouTube-Channel und auf dem Blog: Sechs on the beach – wie sechs Familienmitglieder am Strand.

Das Interview mit Aline hat unsere Gastautorin Silvia geführt!! Vielen lieben Dank

 

Silvia Irsfeld-Rozsa
Silvia arbeitet als Projektmanagerin für Bewegtbildproduktion mit dem Schwerpunkt auf Familiencontent. Sie ist Mama einer sechsjährigen Tochter und Sohn eines fast zweijährigen Sohnes. Mit Begeisterung schreibt sie über Themen rund um’s Mama-sein und kann dabei ihrer Neugier auf Familienthemen nachgehen. Zusammen mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und dem Hund lebt sie im Herzen von Köln.

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